1. Steuerkonzept
1.1. Grundsätze der Steuerstrategie der Bionorica
Die Bionorica ist sich ihrer gesellschaftlichen Rolle und der damit verbundenen Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Gemeinwesen in allen Ländern, in denen die Bionorica wirtschaftliche Aktivitäten entfaltet, sehr bewusst.
Es gehört daher auch zum Selbstverständnis, dass Steuern als wichtigste Einnahmequelle eines Staates nicht nur dessen makroökomische Stabilität gewährleisten, sondern auch die Erhebung adäquater, d.h. auf der Ertragskraft basierender, Steuern eine Bedingung für die Erreichung nachhaltiger gesellschaftlicher Ziele (z.B. Umweltschutz, Sicherheit, Bildung etc.) sind. Durch die Abführung der in den einzelnen Rechtsnormen gesetzlich festgelegten Steuern verknüpft sich die erfolgreiche Wertschöpfung der Bionorica mithin mit dem Gemeinwohl.
Nicht zuletzt gelten Steuern darüber hinaus die Inanspruchnahme öffentlicher Infrastrukturen und Dienstleistungen sowie die Nutzung natürlicher Ressourcen durch ein Unternehmen mit ab.
Dieses Grundverständnis findet ihren Ausdruck in folgenden wesentlichen Prinzipien und Handlungsmaximen, welche die Steuerstrategie der Bionorica umschreiben:
a) Verzicht auf eine aggressive Steuerpolitik / Reputation als verantwortlicher Steuerzahler
Dies umfasst u.a. die klare Ablehnung der Einschaltung von Steueroasen, wie auch die Unternehmensstruktur der Bionorica SE (siehe Link) belegt. Ferner wird diese Aussage auch durch einen Blick auf die Konzernsteuerquote des Geschäftsjahres (GJ) 2021, die um Sondereffekte bereinigt 35,4 % beträgt (siehe Konzernabschluss der Bionorica SE zum 31.12.2021), gestützt. Mit dieser Grundausrichtung wird die Reputation der Bionorica als verantwortlicher Steuerzahler bewahrt und gefördert.
b) Striktes Legalitätsprinzip und steuerliche Compliance
Steuerliche Compliance innerhalb der Bionorica definiert die strategische und organisatorische Vorsorge, dass die jeweils lokal geltenden Steuergesetze und weitere steuerliche Vorgaben und Regelungen (z.B. Dokumentations-, Aufzeichnungs-, und Erklärungspflichten) weltweit eingehalten werden. Tax Compliance ist dabei fest in der Unternehmensstruktur verankert, die Verantwortlichkeiten hierfür sind jederzeit identifizierbar.
c) Nutzung steuerlicher Gestaltungsspielräume
Die Nutzung steuerlicher Gestaltungsspielräume ist im Rahmen der geltenden gesetzlichen Basis zur Steueroptimierung erlaubt. Dabei sind aber bestehende Interpretationsspielräume nicht zu überdehnen.
d) Faire internationale Verteilung des Steuersubstrats
Bionorica als international agierendes Unternehmen steht in der Verantwortung, durch die Fixierung konzerninterner Verrechnungspreise, die dem Fremdvergleichsgrundsatz vollauf genügen, eine gesetzlich korrekte, aber auch als gerecht empfundene Verteilung des Steuersubstrats auf die Gesamtwertschöpfung im internationalen Kontext zu bewirken.
Um dies zu erreichen, folgt die Bionorica dem OECD-Konzept, welches im Kern eine adäquate Abgeltung der jeweils übernommenen Risiko- und Funktionsprofile durch geeignete, anerkannte Verrechnungspreismethoden vorsieht.
e) Konstruktive Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden
Die Bionorica setzt im täglichen Handeln auf eine konstruktive, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den jeweiligen Steuerbehörden. Kooperation statt Konfrontation ist hierbei die handlungsleitende Maxime.
f) Bekenntnis zur ständigen Verbesserung und Digitalisierung steuerlicher Prozesse
Bionorica bekennt sich zur ständigen Verbesserung und Adaptierung ihrer steuerlichen Prozesse. Die Implementierung digitaler Prozesse sowie die Fortbildung der mit steuerlichen Prozessen betrauten Mitarbeiter steht hierbei im Fokus der Bemühungen und soll nicht zuletzt auf die steuerliche Compliance einzahlen.
g) Die Steuerstrategie ist eingebettet in die allgemeine Unternehmensstrategie und den Wertekanon der Bionorica
Die Steuerstrategie der Bionorica folgt und unterstützt die allgemeine Unternehmensstrategie der Bionorica und ihren dort verankerten Zielen. Sie ist integraler Bestandteil der formulierten Strategie, aber auch der formulierten Werte der Bionorica.
1.2. Zuständigkeiten und Kontrollorgan der Steuerstrategie
Die Formulierung, Überprüfung sowie Genehmigung der grundsätzlichen Steuerstrategie erfolgt durch den Gesamtvorstand der Bionorica nach Vorlage durch den CFO und damit den verantwortlichen Bereichsvorstand.
Fachliche Zuarbeiten der Steuerstrategieformulierung erfolgen dabei durch die den CFO unterstellte Stabsabteilung Financial Services / Tax, die lokalen CFO´s der Ländergesellschaften sowie spezialisierte externe Berater.
Die Vorlage und der Genehmigungsprozess der Steuerstrategie im Vorstandsgremium folgt dabei der gemäß § 77 Abs. 2 AktG in Verbindung mit § 12 Abs. 2 der Satzung der Bionorica SE mit Zustimmung des Aufsichtsrats erlassenen Geschäftsordnung des Vorstands der Bionorica SE.
Wichtige Entscheidungen werden dabei nach erfolgter Beschlussfassung des Vorstands mit dem Aufsichtsrat in den turnusmäßig stattfindenden Aufsichtsratssitzungen erörtert und, falls erforderlich, genehmigt.
Die bestehende Steuerstrategie wird dabei, sofern notwendig und damit anlassbezogen, an die sich schnell ändernden gesetzlichen Vorgaben angepasst. Dafür wurde ein internes Monitoring gesetzlicher Änderungen aufgesetzt. Formelle turnusmäßige Überprüfungen der wesentlichen Bestandteile der Steuerstrategie (z.B. Verrechnungspreispolitik) erfolgen mindestens einmal pro Jahr.
1.3. Ansatz zur Einhaltung regulatorischer Vorgaben
Der Ansatz der Bionorica SE zur Einhaltung der regulatorischen Vorgaben umfasst u.a. folgende wichtige Aspekte (nicht abschließend):
- Implementierung einer Stabsstelle Financial Services / Tax mit entsprechender Expertise als interne Anlaufstelle zur Erfassung und Klärung aller steuerlicher Fragestellungen sowie Vorgabe von entsprechenden Leitlinien.
- Roll-out entsprechender Vorgabedokumente.
Dies beinhaltet z.B. das Tax Compliance Manual, welches die Organisation der Tax Compliance in der Bionorica hinsichtlich Verantwortlichkeiten, Einbettung in die Organisationsstruktur sowie die Identifizierung von konkreten steuerlichen Risiko- und Gefahrenbereichen und die Maßnahmen zu deren Risikominimierung (z.B. durch detaillierte Checklisten) beinhaltet. Ferner wurden diverse weitere Vorgabedokumente (Verfahrensanweisungen, SOP´s) zu ausgewählten steuerlichen Fragestellungen verfasst und bei den verantwortlichen Anwendern mit Hilfe der Schulungssoftware d.velop umfassend geschult. - Umfassende Weiterbildung der mit steuerlichen Prozessen betrauten Mitarbeitern in den betroffenen Fachabteilungen.
- Abbildung steuerlicher Prozesse mit Hilfe digitaler Lösungen (z.B. Verrechnungspreisdokumentation, Vertragsmanagement etc.) zur Verbesserung der Prozessqualität.
- Durchgängige Implementierung des Vier-Augen-Prinzips bei steuerlichen relevanten Prozessen.
- Bekenntnis zum ständigen Verbesserungsprozess sowie Überwachung relevanter Rechtsänderungen zur rechtzeitigen Adaption der Prozesse und Vorgaben.
- Durchführung interner Revisionstätigkeiten zur Detektion und Behebung steuerlicher Schwachstellen.
- Hinzuziehung externer Expertise bei der Klärung steuerlicher Fragestellungen, z.B. grenzüberschreitender Transaktionen.
- Schaffung einer Kultur, die förderlich ist, dass Fachabteilungen ihnen unbekannte steuerliche Fragestellung vorab der verantwortlichen Stabsabteilung melden und somit eine regulatorisch korrekte Abwicklung sichergestellt werden kann.
1.4. Verknüpfung des Steuerkonzepts mit den Strategien zur geschäftlichen und nachhaltigen Entwicklung der Organisation
Bionorica lehnt grundsätzlich Aktivitäten, die rein künstliche Gestaltungen zur Erzielung einer Steuerarbitrage zum Inhalt haben und keine realwirtschaftliche Substanz aufweisen, ab. Die Steuerstrategie folgt, wie oben ausgeführt, der Unternehmensstrategie und ihren Zielen und nicht umgekehrt.
Ferner benötigt erfolgreiches, nachhaltiges Wirtschaften u.a. ein stabiles politisches Umfeld im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft und Sicherheit, gute Bildung sowie eine gute Infrastruktur. Mit unseren Steuerzahlungen möchten wir dazu beitragen, diese wichtigen Erfolgsfaktoren für unser unternehmerisches Handeln zu alimentieren und damit die Standortfaktoren zu stärken. Damit wird ein Prozess des gegenseitigen Verstärkens in Gang gesetzt. Gute ökonomische Rahmenbedingungen fördern das nachhaltige Unternehmenswachstum, ermöglichen die Erzielung von Gewinnen und damit die Generierung von weiteren Steuersubstrat. Dies wiederum gibt der Politik die Möglichkeit, ihre Ziele nachhaltig umzusetzen. Eine Win-win-Situation, wenn die Steuerpolitik mit Augenmaß und Ziel angelegt ist.
2. Tax Governance, Kontrolle und Risikomanagement
2.1. Beschreibung der Tax Governance und des Control Frameworks
Innerhalb der Bionorica ist die Tax Compliance originär in der Steuerabteilung (Abteilung Financial Services / Tax) organisatorisch verankert. Abstimmungen sowie die Aufklärung steuerrelevanter Sachverhalte nimmt die Steuerabteilung insbesondere mit den Abteilungen Finanzbuchhaltung, Controlling aber auch mit der Rechtsabteilung bzw. der Personalabteilung vor. Die Steuerabteilung der Bionorica ist für alle inhaltlichen und steuerlichen Fragen der primäre Ansprechpartner. Bei potenziellen Gesetzesverstößen wird zusätzlich das Compliance Office hinzugezogen. Dies gilt auch, wenn (drohende) behördliche Ermittlungsverfahren bekannt werden. Interne Revisionshandlungen werden zudem anlassbezogen oder auf Stichprobenbasis durchgeführt, um Risiken zu detektieren und Lösungen zu erarbeiten.
Die Steuerabteilung ist organisatorisch dem Vorstand Finanzen der Bionorica direkt unterstellt. Sofern die Notwendigkeit besteht, externe (Steuer-) Berater, Wirtschaftsprüfer oder sonstige Fachexperten etc. zu beauftragen, wird die Auswahl ebenfalls durch die Steuerabteilung in Abstimmung mit dem Vorstand Finanzen getroffen.
Ausländische Tochtergesellschaften und Betriebsstätten bzw. Repräsentanzen der Bionorica SE haben intern oder extern steuerliche Beauftragte und berichten dem lokalen CFO. Bei Konzernsachverhalten ist der CFO der Bionorica SE sowie die Steuerabteilung zu involvieren.
Die Steuerrisikopolitik der Bionorica setzt dabei vor allem auf ex-ante Vermeidung von Risiken durch eine nicht aggressive Steuerpolitik und entsprechende fachliche Vorgaben bezüglich identifizierter risikobehafteter steuerlicher Prozesse sowie stetige Fortbildung der mit steuerlichen Prozessen beteiligten Mitarbeitern. Die Identifizierung der mit Risiken behafteten Prozesse, deren Verwaltung, Überwachung, Quantifizierung der mögliche Schadenshöhe sowie die Maßnahmenformulierung zur Minimierung der Risiken wird im Verbund der Stabsstelle Financial Services / Tax mit den beteiligten Fachabteilungen und bei Bedarf unter Hinzuziehung externer Experten vollzogen. Dabei wird auch die Risikotragfähigkeit des jeweiligen Unternehmens im Verbund mit anderen identifizierten Risikokategorien außerhalb des Steuerbereichs mitberücksichtigt und damit eine gesamtheitliche Risikosicht erzeugt.
Die Überwachung der Tax Governance und des Control Frameworks erfolgt einerseits durch anlassbezogene Überprüfung von steuerlichen Prozessen (z.B. im Rahmen des Reviews von steuerlichen Betriebsprüfungen oder veranlasst durch interne Fragestellungen) als auch durch Stichprobenprüfungen in als besonders risikobehaftet klassifizierten steuerlichen Prozessen, ausgeführt je nach Fragestellung durch die Stabsstelle Financial Services / Tax oder der internen Revision sowie ggf. externen Experten.
2.2. Meldewesen bezüglich unethischer oder gesetzwidriger, steuerlicher Verhaltensweisen
Die Bionorica hat eine zentrale Compliance-Organisation mit einem Chief Compliance Officer (CCO) als Ansprechpartner in Bezug auf alle Fragen und Probleme im Bereich Compliance etabliert. Flankiert wird dies in den Tochtergesellschaften durch lokale Compliance Officer, die dem CCO berichten. Dabei wird streng darauf geachtet, dass die Hinweisgeber geschützt werden. Die Compliance Organisation steht dabei Hinweisgebern auch im Hinblick auf unethisches Verhalten im Zusammenhang mit Steuern und Abgaben jederzeit als Anlaufstelle zur Verfügung. Alternativ können selbstverständlich Hinweisgeber auch die Stabsstelle Financial Services/ Tax oder den Betriebsrat kontaktieren.
2.3. Prüfungsverfahren für Angaben hinsichtlich der Steuern
Die Bionorica sowie ihre Tochtergesellschaften werden umfassend von den jeweiligen Steuerbehörden hinsichtlich der Korrektheit ihrer steuerlichen Angaben geprüft. So unterliegt die Bionorica SE als große Kapitalgesellschaft der lückenlosen Anschlussprüfung durch die deutsche Betriebsprüfung. Weitere Prüfungen durch Behörden (z.B. Lohnsteueraußenprüfung etc.) flankieren die Einhaltung der steuerlichen Compliance von behördlicher Seite.
Die steuerlichen Angaben werden ferner im Rahmen der obligatorischen Jahresabschlussprüfung einer prüferischen Durchsicht unterzogen. Die Ergebnisse der Prüfung werden zudem dem Aufsichtsrat im Rahmen der Berichterstattung des Wirtschaftsprüfers zugeleitet.
3. Einbeziehung von Stakeholdern und Management von steuerlichen Bedenken
Wie bereits im Rahmen der Grundsätze der Steuerstrategie unter 1.1. Punkt e) erläutert, hat sich die Bionorica weltweit zu einer kooperativen Zusammenarbeit mit den jeweiligen Steuerbehörden verpflichtet. Dies drückt sich auch in der Tatsache aus, dass gegenwärtig weltweit keine Steuerstreitigkeiten gerichtsanhängig sind. Dies bedeutet aber nicht, dass rechtlich vertretbare steuerliche Positionen, die zu Gunsten der Bionorica wirken, ohne intensive Diskussion Preis gegeben werden.
Die Bionorica und ihre gesetzlichen Vertreter enthalten sich der direkten politischen Einflussnahme zu steuerlichen Fragestellungen, äußern aber durchaus in ausgewählten Fragestellungen öffentlich ihre Meinung und beleben damit den Diskurs über steuerliche Grundsatzfragen.
Selbstredend ist ferner die Bionorica Mitglied diverser Fachverbände, z.B. im Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), in denen sie aktiv mitwirkt und die ihrerseits steuerliche Positionen gegenüber der Politik vertritt.
Die Bionorica nimmt bei ihrer Steuerstrategieformulierung geäußerte Bedenken oder Anregungen ihrer Stakeholder (z.B. Mitarbeiter, Partner und Lieferanten) sehr ernst und lässt diese in konkrete Gestaltung der Steuerprozesse mit einfließen.
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